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Rechtschreibförderung

Im Folgenden sind Möglichkeiten dargestellt, wie man mit selbst erstellten Aufgaben und Materialien die Rechtschreibung einüben kann. Eine Darstellung der gesamten Lese- Rechtschreibförderung zeigt der Förderplan.

1. Überblick über die Fördermöglichkeiten

Ein kontroverses Thema ist das Üben anhand von Diktaten. In der Literatur wird es häufig kritisiert. Dennoch sind Diktate in der Praxis nach wie vor sehr beliebt. Unter diesem Aspekt stellt sich die Frage, wie man das Üben mit Diktaten sinnvoll gestalten kann. Der Autor der vorliegenden Website hat ein neues Konzept für das Üben mit Diktaten entwickelt.

Bei der Rechtschreibförderung empfiehlt es sich - auch innerhalb eines Diktattrainings - mit der Groß- und Kleinschreibung zu beginnen. Denn auf diesem Gebiet kann man am schnellsten Erfolge erzielen, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen werden bei der Groß- und Kleinschreibung die meisten Fehler gemacht: 25 Prozent aller Rechtschreibfehler fallen in diese Kategorie. Zum anderen gibt es eine sehr wirksame mündliche Übung, um die Groß- und Kleinschreibung einzuüben.

Eine weitere effektive Übungsmöglichkeit besteht darin, die häufigsten Fehlerwörter einzuüben. 20 Prozent aller Rechtschreibfehler entfallen auf nur 100 Wörter. Weitere 200 Wörter decken noch einmal 10 Prozent aller Fehler ab.

Bedauerlicherweise findet man in etlichen Schulbüchern Rechtschreibübungen, die keinerlei Verbesserungen zur Folge haben. Nicht selten werden sogar regelrecht schädliche Übungen angeboten. Bereits Anfang der 1980er Jahre hat Warwel1 unter dem Titel Rechtschreibmaterialien rote Karte auf fragwürdige Übungen aufmerksam gemacht. 2004 hat Naegele2 das Thema wieder aufgegriffen und auf sechs Ärgernisse für schwache Rechtschreiber hingewiesen. Ganz erfolglos ist die Kritik nicht geblieben. Jedoch gibt es nach wie vor viele Übungen, die mehr als problematisch sind.

Im Folgenden wird zunächst auf sinnlose und schädliche Übungen hingewiesen. Sodann werden sinnvolle, d.h. wirksame Übungsmöglichkeiten beschrieben. Dabei geht es zunächst um das Üben mit Diktaten, anschließend um eine spezielle Übung zur Groß- und Kleinschreibung, sodann um das Einüben der häufigsten Fehlerwörter und schließlich - über die Groß- und Kleinschreibung hinaus - um die Vermittlung von Rechtschreibregeln.

2. Sinnlose und schädliche Rechtschreibübungen

Schon seit vielen Jahren wird von Fachleuten bemängelt, dass in Materialien zum Einüben der Rechtschreibung keine Wiederholungen vorgesehen sind. Eine Besserung der Situation ist kaum in Sicht.

Ein großes Problem stellen Übungen dar, bei denen gegensätzliche Schreibungen einander gegenüber gestellt werden, beispielsweise bei folgender Übungsart:

e, eh oder ee

Was ist das Gegenteil von voll? _____________________

Ein anderes Wort für klauen: _____________________

In einer Schulklasse gibt es viele Schüler und einen: _____________________

Bären haben ein Fell und Vögel haben: _____________________

Im Winter fällt oft weißer: _____________________

In diese Übung müssen folgende Wörter eingesetzt werden: leer, stehlen, Lehrer, Federn, Schnee

Solche Übungen schaden den Schülern. Denn sie rufen ein Gedächtnisproblem hervor, das als Ähnlichkeitshemmung oder als Ranschburgsche Hemmung bezeichnet wird. Die Ähnlichkeitshemmung besagt: Informationen, die in einer Hinsicht ähnlich und in einer anderen Hinsicht unterschiedlich sind, erschweren das Lernen. So wird z.B. der Laut /e/ in den Wörtern leer, stehlen, Lehrer, Federn, Schnee gleich gesprochen aber unterschiedlich verschriftet. Wenn solche Wörter gleichzeitig geübt werden, geraten sie im Gedächtnis durcheinander. Ruft ein Schüler dann die Rechtschreibung aus dem Gedächtnis ab, so fragt er sich z.B. „Schreibt man leer mit ee und stehlen mit eh oder ist es umgekehrt?

Ob die Ranschburgsche Hemmung auch bei Rechtschreibübungen auftritt, ist direkt nicht untersucht worden. Es gibt jedoch eine Reihe von älteren Studien, die das Phänomen bei anderen Lernmaterialien bestätigen3. Weil das Forschungsprogramm zur Ähnlichkeitshemmung als abgeschlossen gilt, sind neure Arbeiten zu dem Thema nicht durchgeführt worden.

Heute sind Rechtschreibübungen, bei denen gegensätzliche Schreibungen einander gegenüber gestellt werden, relativ selten geworden. Das gilt aber im Wesentlichen lediglich für Übungen, bei denen ganze Wörter geschrieben werden. Anders verhält es sich bei Lückenübungen mit einzelnen Buchstaben, z.B. bei folgender:

s, ss oder ß

Ergänze den Lückentext:

Pauline ging barfu_ durch eine Wiese mit hohem Gra_. Sie wollte einen Strau_ Blumen pflücken. Plötzlich huschte eine Mau_ an ihren Fü_en vorbei. Das Mädchen fand das kleine Tier ganz sü_.

Vor allem das Internet ist voll mit derartigen Übungen. Man könnte meinen, dass sich die Ranschburgsche Hemmung bei solchen Aufgaben bemerkbar macht. Und doch ist es nicht so, was allerdings nichts mit der Ranschburgschen Hemmung zu tun hat. Eine Studie3 hat nämlich gezeigt, dass solche Übungen überhaupt keine Wirkung haben, weder eine positive noch eine negative. Eine Erklärung dafür liefert die Forschung zur Gedächtnispsychologie. Man unterscheidet zwei Arten von Gedächtnisspeichern: den Arbeitsspeicher und das Langzeitgedächtnis. Im Arbeitsspeicher werden die eingehenden Informationen präsent gehalten und vom Arbeitsspeicher gelangen die Informationen in das Langzeitgedächtnis, aber nur dann, wenn sie lange genug im Arbeitsspeicher verweilt haben. Offenbar ist ist das Ausfüllen einer Buchstabenlücke zu kurz, als dass die entsprechende Information ins Langzeitgedächtnis gelangen kann. Wird demgegenüber ein Wort ganz geschrieben (z.B. sägen), so wird die Information wie es geschrieben wird (z.B. mit ä) deutlich länger im Arbeitsspeicher präsent gehalten als wenn nur eine Lücke ausgefüllt wird.

Die erwähnte Studie4 hat auch erbracht, dass Übungen mit Buchstabenlücken erfolgreich sind, wenn sie sehr häufig wiederholt werden. Das ist jedoch bei den üblichen Übungen nicht vorgesehen.

Die Ranschburgsche Hemmung ist nur dann wirksam, wenn in dem zu lernenden Material keine Regelhaftigkeiten erkennbar sind. Gegensätzliche Schreibungen sind sinnvoll, wenn die Lösungen aufgrund von Regelanwendungen identifizierbar sind, z.B. bei der Groß- und Kleinschreibung.

Häufig werden den Schülern - namentlich den rechtschreibschwachen - allerdings Regeln vermittelt, mit denen sie nichts anfangen können. Das gilt vor allem für Regeln, die sich auf die Vokallänge beziehen, also Regeln zur Konsonantenverdopplung, zum Dehnungs-h und zur Schreibung von ie.

Beispiel:

Nach einem kurzen Vokal schreibt man ss. Nach einem langen Vokal oder ei, au, eu, äu schreibt man ß. Schreibe die Wörter auf.

la *** en: __________________

grü ***:en __________________

be *** er: __________________

Fu ***: __________________

Diese Regel setzt voraus, dass die Schüler lange und kurze Vokale voneinander unterscheiden können. Wie eine Studie5 gezeigt hat, ist das bei rechtschreibschwachen Schülern jedoch nicht der Fall. Diese Problematik wird in den gängigen Übungsmaterialien fast flächendeckend nicht beachtet, mit der Folge, dass die Ranschburgsche Hemmung wirksam wird.

Weitere Ausführungen zu sinnlosen und falschen Regeln finden Sie auf der Seite Rechtschreibregeln.

3. Sinnvolle Rechtschreibübungen

Im Folgenden wird ein vom Autor dieser Website neu entwickeltes Diktattraining beschrieben. In weiteren Übungsformen geht es um die Groß- und Kleinschreibung, das Einüben der häufigsten Fehlerwörter und die Vermittlung von Rechtschreiregeln.

Diktattraining

Diktate kann man geübt oder ungeübt schreiben lassen. Beides hat Vor- und Nachteile. Lässt man ungeübte Diktate schreiben, so kann der Fleiß der Schüler nicht belohnt werden. Demgegenüber können Schüler bei geübten Diktaten mit mehr oder weniger großem Arbeitsaufwand gute Resultate erzielen. Jedoch wird ihre Leistung im Vergleich zu den anderen Schülern nicht deutlich. Denn auch schwache Schüler können zu guten Noten kommen, wenn sie sehr intensiv den immer gleichen Diktattext üben. Das böse Erwachen kommt dann in den höheren Klassen, wenn die Diktate ungeübt geschrieben werden.

Eine Lösung aus dem Dilemma bietet folgende Möglichkeit: Man diktiert ein Diktat zunächst ungeübt. Danach legt man eine Übungsphase ein und anschließend wird das Diktat erneut diktiert. Durch das erste ungeübte Diktat bringt man die Rechtschreibfähigkeit eines jeweiligen Schülers im Vergleich zu seinen Mitschülern in Erfahrung. Das zweite Diktat zeigt an, wie fleißig jeder Schüler gewesen ist, d.h. welche Fortschritte er gemacht hat.

Eine gängige Übungsform stellt das Laufdiktat dar. Dabei lesen sich die Schüler einige Wörter eines Diktattextes durch. Anschließend gehen sie an einen anderen Ort und schreiben die Wörter auf. Die Wirksamkeit eines Laufdiktats kann verbessert werden, wenn man in der Vorlage die rechtschreibschwierigen Stellen in den Wörtern unterstreicht und die Schüler instruiert, sich diese Stellen besonders zu merken. Zusätzlich können die Schüler eine spezielle  Gedächtnisstrategie anwenden indem sie die schwierigen Stellen auf dem Weg zum anderen Ort memorieren, d.h. sie wiederholen die Wörter mehrfach und benennen dabei die rechtschreibschwierigen Stellen (z.B. ... er lief schnell ... - lief mit ie und schnell mit ll).

Das Laufdiktat sollte man, weil es sehr zeitintensiv ist, jeweils nur einmal durchführen lassen. Wenn die Zeit insgesamt knapp ist, sollte man am ehesten das Laufdiktat auslassen und nur die weiteren Übungen durchführen.

Üblicherweise wird ein Diktat eingeübt indem es wieder und wieder (auch zu Hause) diktiert wird. Das ist jedoch nicht empfehlenswert. Zum einen können die Schüler den Text dann bald auswendig. Zum anderen stellt das wiederholte Diktieren eine Zeitverschwendung dar. Denn auch die schwachen Schüler können die meisten Wörter eines Diktats richtig schreiben.

Anstatt einen ganzen Diktattext zu diktieren empfiehlt es sich, lediglich die rechtschreibschwierigen Wörter wiederholt durchzunehmen. Dabei kann man die Wörter jeweils im Kontext eines Satzes diktieren.

Beim Üben zu Hause kann man die im ersten Diktat falsch geschriebenen Wörter auf Karteikarten notieren und anschließend einzeln diktieren.

Beispiel:

liegt - Er liegt noch im Bett - liegt.

Hat der Schüler ein Wort richtig geschrieben, darf er in Pluszeichen auf der betreffenden Karte notieren. Ist ein Wort falsch geschrieben, so notiert er ein Minuszeichen und schreibt das Wort richtig auf. Insgesamt wird jedes Wort in verschiedenen Sitzungen so oft wiederholt bis vier Pluszeichen hintereinander auf der  zugehörigen Karte stehen.

In der Schule kann der Lehrer die falsch geschriebenen Wörter ebenfalls einzeln diktieren. Dabei kann er folgendermaßen vorgehen:

- Er diktiert ein Wort im Satzkontext, z.B. sitzt - Sie sitzt auf einer Bank - sitzt

- Nachdem die Schüler das Wort aufgeschrieben haben, schreibt es der Lehrer an die Tafel.

- Die Schüler kontrollieren, ob sie das Wort richtig geschrieben haben. Falls das nicht der Fall ist schreiben sie es richtig auf.

- Um die Zahl der Fehler, die die Schüler übersehen haben, möglichst gering zu halten, lässt der Lehrer die rechtschreibschwierige Stelle von einem Schüler benennen, z.B. sitzt mit tz.

- Anschließend überprüfen die Schüler noch einmal, ob sie das Wort an dieser Stelle richtig geschrieben haben.

Die Groß und Kleinschreibung

Um Zeit zu sparen und in einer Zeiteinheit möglichst viele Wörter durchnehmen zu können, empfiehlt sich für das Einüben der Groß- und Kleinschreibung eine mündliche Übung. In Kombination mit einem Diktat kann man die Übung folgendermaßen durchführen:

Der Lehrer oder die betreuende Person liest einen Teil eines Satzes vor. Der Schüler wiederholt jedes Wort einzeln. Dabei legt er hinter jedem Wort eine kurze Pause ein, in der er überlegt, ob die Regel zur Groß- und Kleinschreibung anzuwenden ist. Bei Namenwörtern wendet er die Regel nach einem immer gleichen Muster an.

Beispiel:

Lehrer: Ein kleiner Junge ...

Schüler: Ein ... kleiner ... Junge - der Junge, Namenwort, groß

Lehrer: ... hilft seinem Bruder Paul.

Schüler: ... hilft ... seinem ... Bruder - der Bruder Namenwort, groß ... Paul - Paul, Name groß

 

Ab Ende der zweiten Klasse kann man die Regel zur Groß- und Kleinschreibung noch verfeinern. Dadurch können falsche Regelanwendung vermieden werden.

Falsche Regelanwendungen kommen vor, wenn ein Artikeln vor einem Adjektiv steht.

Beispiel:

Er nahm das große Paket in die Hand.

In einem solchen Fall sagen die Schüler gerne: "Das Große, also ist Große ein Namenwort."

Um solche Fehler zu vermeiden ist es hilfreich, den Schülern beizubringen, auch Adjektive zu erkennen. Wenn ein Wort ein Adjektiv ist, kann es kein Namenwort sein.

Eine weitere Fehlerquelle liegt vor, wenn ein Verb auf "en" endet.

Beispiel:

Die Kinder laufen auf den Hof.

In einem solchen Fall sagen die Schüler gerne: "Das Laufen, also ist laufen ein Namenwort."

Um diese Fehlerquelle abzustellen, hilft es, den Schüler das Erkennen von Verben beizubringen. Denn wenn ein Wort ein Verb ist, kann es kein Namenwort sein.

Damit jedes Wort der deutschen Sprache klassifizierbar ist, kann man alle Wörter, die keine Namenwörter, Adjektive oder Verben sind, als Rest bezeichnen.

Die entsprechende Übung geht dann folgendermaßen:

Lehrer: In dem großen Haus wohnen seine Freunde.

Lehrer: In

Schüler: Rest

Lehrer: dem

Schüler: Rest

Lehrer: großen

Schüler: Wie ist es? - groß, Adjektiv

Lehrer: Haus

Schüler: Das Haus Namenwort, groß.

Lehrer wohnen:

Schüler: Wohnen kann man tun - Verb

Lehrer: seine

Schüler: Rest

Lehrer: Freunde

Schüler: Die Freunde - Namenwort, groß.

Einüben der häufigsten Fehlerwörter

In vielen Rechtschreibübungen werden die Wörter danach ausgesucht, ob sie zu mehr oder weniger lustigen Übungen passen. So kommen z.B. folgende Wörter in verschiedenen Übungsprogrammen für die Grundschule vor: Nessel, winseln, Wahnsinn, Kaktus, Verließ, Termin, Kürbis. Solche Wörter einzuüben bringt den rechtschreibschwachen Schülern wenig Nutzen, und zwar deswegen weil sie in üblichen Texten sehr selten vorkommen. Günstiger ist es, Wörter einzuüben, die sehr häufig vorkommen (z.B. groß, fahren, plötzlich, zurück, fleißig). Reduziert ein Schüler Fehler bei besonders häufigen Wörtern, so vermindert sich die Gesamtzahl seiner Fehler bei üblichen Texten sehr viel mehr als wenn er seltene Wörter einübt; zumal nach einer Studie6 etwa 20 Prozent aller Rechtschreibfehler auf nur 100 Wörter entfallen. Weitere 200 Wörtern machen noch ein mal 10 Prozent aller Fehler aus. Es empfiehlt sich, insbesondere diese Liste der 300 Wörter abzuarbeiten.

Bei vielen Rechtschreibübungen müssen Schüler Wörter einfach nur abschreiben. Wie effektiv Abschreibübungen im Vergleich zum Diktieren sind, ist Anfang der 1970er Jahre in einer Studie7 überprüft worden. (Weitere Untersuchungen sind zu dieser Fragestellung seither nicht durchgeführt worden.) Es zeigte sich, dass das Abschreiben zu einer Verbesserung der Rechtschreibung führte, jedoch war das Diktieren mit anschließender Verbesserung deutlich effektiver.

Um rechtschreibschwierige Wörter durchzunehmen, kann man beim Üben zu Hause mit Karteikarten arbeiten, so wie es in der Datei mit der Liste der 300 häufigsten Fehlerwörter dargestellt ist.

In der Schule kann der Lehrer die Wörter so diktieren wie es im Kapitel Diktattraining beschrieben ist. Eine weitere Übungsmöglichkeit besteht darin, je zwei Schülern eine Liste mit Übungswörtern auszuhändigen. Die Schüler können sich die Wörter dann gegenseitig diktieren.

Weiterhin kommt als Stillbeschäftigung folgende Übung infrage: Man erstellt ein Arbeitsblatt mit Übungswörtern, die in einem Satz eingebettete Wörter sind. An den rechtschreibschwierigen Stellen werden dabei Lücken gelassen.

Beispiel:

Wer viel arbeitet ist flei*ig.

Die Aufgabe der Schüler besteht darin, die Lückenwörter vollständig aufzuschreiben.

Vermittlung von Rechtschreibregeln

Sehr häufig werden Rechtschreibregeln in der Schule einmal durchgenommen und danach wird nicht weiter darauf eingegangen. Das reicht, vor allem für die schwachen Rechtschreiber, nicht aus. Vielmehr müssen die Regeln über einen längeren Zeitraum systematisch eingeübt und wiederholt werden. Das kostet viel Zeit, die jedoch in den Lehrplänen oft nicht vorgesehen ist.

Was die Anwendung von Rechtschreibregeln betrifft, kann man auf der Seite der Schüler Folgendes beobachten: Viele Schüler kennen die eine oder andere Regel. Sie wenden sie aber nicht an. Fragt man sich, woran das liegt, so ergibt sich eine verblüffende Antwort: Eine konsequente  Anwendung von Regeln ist oft gar nicht möglich. Das folgende Beispiel macht das Problem deutlich.

Eine Rechtschreibregel lautet: Man schreibt ein Wort mit ä, wenn man es von einem Wort mit a ableiten kann.

Beispiel:

Das Wort schädlich schreibt man mit ä, weil man es von dem Wort schaden ableiten kann.

Bei dieser Regel muss man Folgendes beachten: Die Schüler müssten sie immer dann anwenden, wenn sie in einem Wort den Laut /e/ hören, z.B. gern, ändern, helfen, Jäger, gerecht. Das ist jedoch unmöglich, und zwar deswegen, weil es im Deutschen sehr viele Wörter gibt, in denen der Laut /e/ vorkommt. Vor lauter Regelanwendungen kämen die Schüler gar nicht zum Schreiben.

Das Problem kann folgendermaßen gelöst werden:

Die Schüler prägen sich die einschlägigen Wörter zusammen mit der Regel in einer mündlichen Übung ein. Auf diese Weise müssen die Schüler sich bei einem Diktat oder beim freien Schreiben nicht ständig überlegen, ob die Regel anwendbar ist oder nicht. Hinzu kommt: Die korrekte Schreibung wird schneller und nachhaltiger eingeprägt als wenn die Orthographie ohne Regel gelernt werden müsste.

Damit sich die Schreibung tatsächlich ins Gedächtnis einprägt, werden die mündlichen, d.h. zeitsparenden Übungen des Öfteren wiederholt.

Das folgende Beispiel zeigt wie eine solche mündliche Übung durchgeführt werden kann. In dem Beispiel geht es um die Schreibung von st/sp und ä.

Lehrer: "Blättern."

Ein Schüler: "Blatt mit a, blättern mit ä.

Lehrer: "Aufspringen."

Ein Schüler: "Gesprochen mit schp, geschrieben mit sp.

Lehrer: "Er trägt."

Ein Schüler: "Tragen mit a, trägt mit ä.

Lehrer: "Streng."

Schüler: "Gesprochen mit scht, geschrieben mit st

usw.

Mit Rechtschreibregeln gibt es noch ein weiteres Problem: In nicht wenigen Übungsmaterialien kommen sinnlose oder sogar falsche Rechtschreibregeln vor. Auf der Seite Rechtschreibregeln finden Sie Ausführungen sowohl zu sinnvollen als auch zu sinnlosen und falschen Regeln.

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1 Warwel, K. (1981). Rechtschreibmaterialien rote Karten. in: I.M. Naegele, D. Haarman, P. Rathenow & K. Warwel (Hrsg.), Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten (s. 69-74). Weinheim: Beltz

2 Naegele, I,M. (2004). Sechs Ärgernisse für schwache Rechtschreiber. Grundschulunterricht, 4, 7-11.

3 Hall, F.J. (1971). Verbal learning and retention. Philadelphia: Pippincott.

4 Tacke, G. (2002). Buchstabenlücken ausfüllen und andere Rechtschreibübungen: Wirksamkeit und Wirkfaktoren. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 16 (3/3), 177-191.

5 Landerl, Karin (2003). Categorisation of vowel length in German poor spellers: an orthographically relevant phonological distinction. Applied Psycholinguistics, 24, 523-538.

6 Menzel W (1985). Rechtschreibunterricht. Praxis und Theorie. Seelze: Friedrich Verlag.

7 Tausch, R., Bödiker, M.L & Schwab, R. (1974). Förderung rechtschreibschwacher Schüler durch Anwendung einfacher technischer Trainingsmethoden. Psychologie in Erziehung und Unterricht 21, 303-309.