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Leseförderung

Im Folgenden sind Möglichkeiten dargestellt, wie man mit selbst erstellten Aufgaben und Materialien das Lesen üben kann. Einen Überblick über die gesamte Lese- Rechtschreibförderung gibt der Förderplan.

Beim Lesenüben kann man drei Förderbereiche unterscheiden:

1. die Vermittlung grundlegender Lesefertigkeiten

2. die Verbesserung der Lesetechnik

3. die Verbesserung des Textverstehens.

Erster Förderbereich: die Vermittlung grundlegender Lesefertigkeiten

In der ersten Phase des Lesenlernens, dem Einüben grundlegender Lesefertigkeit, sind drei Bereiche von Bedeutung:

- die Kenntnis der Buchstaben-Laut-Beziehungen

- die phonologische Bewusstheit als Fähigkeit, gesprochene Wörter zu manipulieren, wobei es im Wesentlichen um die Fähigkeit geht, Wörter in einzelne Laute zu untergliedern bzw. einzelne Laute zu Wörtern zusammenzufügen.

- das Zusammenschleifen von Buchstaben zu Wörtern

Buchstaben-Laut-Beziehungen

Wenn man beim Einüben der Buchstaben-Laut-Beziehungen mit selbst erstellten Aufgaben und Materialien arbeiten möchte, kann man folgendermaßen vorgehen:

Man schreibt oder druckt die Buchstaben auf Karten, jeweils ein Buchstaben auf eine Karte. Beim Üben legt man dem Schüler eine Karte vor (z.B. g) und der Schüler sagt den zugehörigen Laut (z.B. g und nicht ge). Anschließend kommt der nächste Buchstabe an die Reihe (z.B. f), dann wieder der erste, danach kommt ein weiterer Buchstaben hinzu. Dann wird wieder er erste Buchstaben abgefragt, dann wieder der dritte, dann der zweite usw. Das Grundprinzip lautet: Die Buchstaben werden mit vielen Wiederholungen erst in kurzen später in längeren Abstanden abgefragt. Das ist eine außerordentlich effektive Übung. Von ihrer Wirksamkeit kann sich der Leser überzeugen, indem er ausgehend von der Startseite in nur drei Minuten sechs griechische Buchstaben lernt.

Die Buchstaben-Laut-Beziehungen könnnen in zwei Übungsformen durchgenommen werden:

1. Der Schüler gibt zu einem jeweiligen Buchstaben den zugehörigen Laut an.

2. Die betreuende Person sagt einen Laut und der Schüler schreibt den zugehörigen Buchstaben auf.

Als Erstes werden die großen Druckbuchstaben durchgenommen. Nach den großen kommen die kleinen Druckbuchstaben an die Reihe, dann die großen Buchstaben in Schreibschrift und danach die kleinen Buchstaben in Schreibschrift.

Sehr viele Kinder mit Leseproblemen brauchen auch länger als andere Schüler, um gedruckte bzw. geschriebene Buchstaben zu identifzieren. Das schnelle Erkennen der Buchstaben kann man einüben, indem man eine jeweilige Karte nur ganz kurz zeigt.

Phonologische Bewusstheit

Die Fähigkeit gesprochene Wörter in einzelne Laute zu zerlegen bzw. einzelne Laute zu Wörtern zusammenzufügen, kann man mit einem Buchstabentraining kombinieren.

Man beginnt mit dem Erkennen des Anlauts von Wörtern. Dabei sagt man ein Wort (z.B. leicht) und der Schüler sagt, mit welchem Laut das Wort beginnt (z.B. l) und sucht den zugehörigen Buchstaben aus mehreren Möglichkeiten aus; oder er schreibt den Buchstaben auf.

Wenn der Schüler Anlaute richtig identifizieren kann, kommen die Endlaute an die Reihe (z.B. das n in fein). Anschließend wird das Erkennen der Inlaute geübt (z.B. das a in Tag).

Danach lernen die Schüler Wörter in einzelne Laute zu zerlegen (z.B. oft in o-f-t). Weiterhin fügen die Schüler Wörter aus einzelnen vorgegebenen Lauten zusammen (z.B. n-u-r zu nur). Bei diesen Übungen muss man ausschließlich Wörter auswählen, die so geschrieben werden, wie man sie spricht (z.B. tun, für, warm). Die Übungen können auch mit dem Schreiben von Wörtern kombiniert werden.

Zusammenlauten von Buchstaben

Ein relativ kleiner Teil der leseschwachen Schüler hat auch Probleme, gelesene Buchstaben zu einem ganzen Wort zusammenzufügen. Sollen sie z.B. das Wort dort lesen, können sie die einzelnen Buchstaben lautieren, also z.B. d-o-r-t. Sie schaffen es aber nicht die Buchstaben zu dem Wort dort zusammenzufügen.

Das Zusammenlauten kann man folgendermaßen üben:

Man legt dem Schüler zwei Buchstaben vor, die man beim Sprechen in die Länge ziehen kann (z.B. lo, na, fi). Anschließend spricht man zusammen mit dem Schüler den ersten Buchstaben, indem man ihn in die Länge zieht, also z.B. lllllllll. Anschließend fügt man zusammen mit dem Schüler den zweiten Buchstaben an, also z.B. llllllooooo.

Sobald der Schüler zwei Buchstaben aneinander fügen kann, kommen drei Buchstaben dran (z.B. saf), die ebenfalls gemeinsam gesprochen werden, z.B. ssssaaaaffff). Die Übungen zum Zusammenschleifen müssen in der Regel vielfach durchgeführt werden, bis der Schüler es gelernt hat.

Zweiter Förderbereich: Verbesserung der Lesetechnik

Von Klasse 1/2 bis Klasse 4 und darüber hinaus ist das Erkennen von Wortstrukturen für das Lesen von besonderer Bedeutung. Dabei spielt das segmentieren in Silben eine zentrale Rolle.

Das Erkennen von Silben und das Lesen in Silben kann man einüben indem man in einem dem Schüler nicht bekannten Text die Silben markiert.

Beispiel:

Mor|gen fah|ren die Kin|der mit der Ei|sen|bahn.

Der Schüler liest die Wörter mit deutlichen Silbenpausen vor. Anfangs kann die betreuende Person die Silben auch im Wechsel mit dem Schüler lesen.

Eine weitere Übungsform kann darin bestehen, dass der Schüler Silbenbögen unter die Wörter zeichnet und dabei die Silbe liest, unter die er gerade einen Bogen setzt. Übungswörter zum Einzeichnen von Silbenbögen kann man selber mit einem Computer erstellen. Oder man scannt Texte ein und vergrößert anschließend die Abstände zwischen den Buchstaben, den Wörtern und den Zeilen.

Zielführend ist es auch, Wörter zuerst als Ganzes, dann in Silben und dann wieder als Ganzes lesen zu lassen.

Beispiel:

Schornsteinfeger - Schorn | stein | fe | ger - Schornsteinfeger

Man kann das Erkennen von Silbengrenzen auch mündlich einüben. Dabei spricht man dem Schüler ein Wort oder einen kurzen Satz vor und der Schüler spricht in Silben nach.

Eine andere mündliche Übung kann darin bestehen, dass der Schüler die Silben von vorgesprochenen Wörtern zählt.

Ebenfalls hilfreich ist es, den Schüler erfundene Wörter (Pseudowörter) oder kurze Sätze mit erfundenen Wörtern lesen zu lassen.

Unterhalb der Silbenebene sind deutsche Wörter sehr regelmäßig aufgebaut. Eine Silbe besteht aus einem konsonantischen Silbenanfang, einem vokalischen Zentrum und einem konsonantischen Ende. Der konsonantische Anfang kann fehlen, ebenso das konsonantische Ende.

Beispiele:

g|u|t, br|ei|t, f|ü|nf, Kn|o|pf, e|rnst, s|o

In Klasse 1/2 ist es hilfreich, die Schüler auch Wörter lesen zu lassen, bei denen die einzelnen Teile der Silben farbig und/oder durch Fettdruck markiert sind. Auch das lässt sich mit Hilfe eines Computers bewerkstelligen.

Wenn ein Schüler Silben mit Konsonantenhäufungen nicht lesen kann oder sehr lange dafür braucht, kann er zuerst die Elemente der Silbe benennen und dann die ganze Silbe sagen, z.B. Fl-u-cht : Flucht.

Ein Problem leseschwacher Schüler besteht auch darin, dass sie zu langsam lesen. Dadurch kann das Verstehen von Texten beeinträchtigt werden. Wenn ein Schüler bei einem Wort sehr lange hängen bleibt, vergisst er, was er zuvor gelesen hat, was dann dazu führt, dass der Text nicht verstanden wird. Das schnelle Erkennen von Wörtern kann man genauso üben wie das schnelle Erkennen von Buchstaben: Man zeigt ein Wort nur ganz kurz und der Schüler liest es dann.

Eine weitere Übungsmöglichkeit besteht darin, echte Silben (z.B. kra, Zwie, kne) oder Pseudowörter mit echten Silben (z.B. kralunen, Zwiebelter, kresafen) so schnell wie möglich und mit möglichst wenig Fehlern lesen zu lassen. Dabei kann man die Zeit stoppen und die Lesefehler zählen. Wenn man eine bestimmte Anzahl von Wörtern mehrfach hintereinander lesen lässt, kann man die Fortschritte dokumentieren und dem Schüler rückmelden.

Ab Klasse 2/3 kann man auch Übungen erstellen, bei denen die Schüler die Elemente von Silben selber herausfinden sollen. Zu diesem Zweck müssen die Schüler zunächst lernen, Vokale und Konsonanten zu unterscheiden. Im Gegensatz zu den Konsonanten gibt es nur sehr wenig Vokale und Diphtonge (Dopplellaute):

a, e, i, o, ei, au, eu, äu

Am besten lernen die Schüler die Vokale und die Diphtonge auswendig.

Das Erkennen von Segmenten unterhalb der Silbenebene kann folgendermaßen eingeübt werden: Der Schüler trennt zunächst in einsilbigen Wörtern den konsonantischen Anfang und das konsonantische Ende mit senkrechten Strichen ab. Später werden dann auch mehrsilbige Wörter auf diese Weise bearbeitet.

Als weitere Übung kommt auch noch Folgendes in Frage: Wenn man den Schüler Silbenbögen zeichnen lässt, kann er zusätzlich die konsonantischen Elemente kennzeichnen, indem er sie unterstreicht.

Nachdem man möglichst viele einzelne Übungen durchgeführt hat, kann man den Schüler längere Texte lesen lassen. Dabei kann man bei den schwierigen Wörtern Silbenmarkierungen einfügen oder der Schüler übernimmt das selber.

Zur Vertiefung der Lesetechnik kommt es wesentlich darauf an, dass die betroffenen Schüler möglichst viel laut vorlesen. Bei der Lektüre sollte man darauf achten, dass die Texte möglichst leicht zu lesen sind. Das ist der Fall wenn folgende drei Kriterien erfüllt sind:

1. Die Texte sollten möglichst wenig selten vorkommende Wörter enthalten.

2. Die Texte sollten möglichst wenig lange Wörter enthalten.

3. Die Sätze sollten möglichst kurz sein.

Dritter Förderbereich: Verbesserung des Textverstehens

Wenn ein Schüler Probleme mit dem Verstehen von Texten hat, kann man folgendermaßen üben: Man lässt den Schüler einen Text zunächst laut, in einer späteren Übungsphase leise lesen. Anschließend kann man Fragen zum Text stellen oder den Text zusammenfassen lassen. Eine weitere für die Schüler sehr schwierige Übung besteht im Hervorheben wichtiger Wörter. Das Problem besteht darin, dass die Schüler dazu neigen fast alle Wörter für wichtig zu halten. Die Fähigkeit, die Wichtigkeit von Wörtern zu erkennen, bildet sich erst nach längerem Üben heraus.